Die Farben im Modellbau
Farbe für die Miniwelt
Die Produktpalette ist groß und der Hersteller sind viele. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig und jede Modellsparte hat ihre Eigenarten. Die Wahl des Farbmaterials ist vom Modell und dessen Funktion abhängig. Und nun beginnt das Rätselraten. Grundsätzlich lassen sich die Farben in zwei Gruppen unterteilen, einmal in „Lacke” und grob gesagt in „Wasserfarben“. Lacke werden immer dann gebraucht, wenn das Modell witterungsfest, z. B. im Schiffs- und Flugzeugbau bemalt wird. Ansonsten finden die „Wasserfarben“ Verwendung.
Diesen wenden wir uns in dieser Ausgabe zu. Die Lacke kommen später dran.
Einige Grundkenntnisse über Farbe hat die AZ schon in der Ausgabe 3/86 vermittelt. Für uns stellt sich als erstes die Frage, welche wasserverdünnten Farben lassen sich mit der Spritzpistole auf Kunststoffmodellen verarbeiten.
Grundsätzlich ist jedes feinst pigmentierte Material geeignet. Angefangen bei wasserlöslich auftrocknenden Medien wie Dyes, Aquarellfarben und Gouachen, wobei diese mit Lack geschützt werden müssen, bis hin zu den wasserfesten Künstleracrylfarben und den speziellen Airbrushfarben. Gerade die letztgenannten werden von den Herstellern als Universalprodukte angeboten; doch wie brauchbar sind sie für den Modellbau wirklich?
Aus Platzgründen beschränke ich mich bei der Beurteilung auf vier Produkte – alle anderen Hersteller und Vertreiber mögen es mir nachsehen.
Ich habe IlluColor von Lukas, AeroColor von Schmincke, Artist-Color von Rotring sowie Magic-Color (die erste Airbrushfarbe dieser Art auf dem deutschen Markt) von Royal Sovereign Graphics ausgesucht.
Als Testfarbe benütze ich „Weiß“, denn in jedem Farbsystem ist dieser Ton aufgrund der Pigmentierung und Zusammensetzung die Problemfarbe.
Aus Anwendersicht erscheinen die flüssigen Acrylfarben ungemein praktisch. Die Pigmente, feinst vermahlen, schweben gut verteilt in der Lösung, sind höchst lichtecht, schön bunt, bieten viele Farbtöne, unbegrenzt mischbar und trocknen wasserfest auf. Zudem eignen sie sich für jeden Untergrund und sind sofort gebrauchsfertig, sowie gesundheitlich unbedenklich. So steht es kurz zusammengefasst in den Prospekten der Firmen geschrieben.
Mit der Farbe „Weiß“ beginnen die Probleme bereits beim Kauf. In der Regel haben sich die Pigmente in den Gläsern bei ihrem Aufenthalt im Regal des Händlers zur Ruhe gesetzt.
Und so ohne weiteres lassen sich diese auch durch noch so kräftiges Schütteln nicht in den optimalen Schwebezustand versetzen.
Am leichtesten geht dieses bei IlluColor, bei Artist- und Magic-Color funktioniert’s recht gut, und AeroColor muss man häufiger mit dem Pinsel zu Glase rücken und kräftig aufrühren. Dafür ist allerdings die Öffnung des Glases etwas klein. Alle Farben sind jetzt gebrauchsfertig und können mit der praktischen Glaspipette in die Pistole gefüllt werden. Alle Weißtöne sind im unverdünnten Zustand bis zu einer Düsengröße von 0,2 mm problemlos verarbeitbar. Für feinere Düsen müssen die Farben verdünnt werden. Bei IlluColor und AeroColor empfiehlt sich das Verdünnen auch bei einer 0,2er Pistole, da diese Produkte hochpigmentiert sind und bei einem feinen Sprühstrahl die Pistolen zum Verstopfen neigen.
Ich habe die mir zur Verfügung stehenden fünf Farben auf ein mit Alkohol gereinigtes Reisezugwagendach mit einer Iwata HP-B (Düsengröße 0,2 mm) in verlaufenden Flächen gespritzt. (Abb. 1). Am schnellsten trocknete das Superweiß von IlluColor und ich brauchte auch am wenigsten Farbe, um die höchste Deckkraft zu erzielen. Der Farbauftrag ist körniger als bei AeroColor, welche ebenfalls sehr schnell trocknen und gut decken. Dieses schnelle Trocknen ist auf Kunststoffmodellen sehr wichtig, da ansonsten die Farbe läuft, mit der Luft vertrieben wird und ein gleichmäßiger Auftrag nicht mehr möglich ist. Das ist bei Magic-Color und Artist-Color der Fall. Die Farben trocknen recht langsam und haben auch keine so hohe Deckfähigkeit wie die anderen.
Kommen wir zur Haftung. Auf Kunststoffmodellen muss man zum Abkleben und Maskieren stark klebende Filme verwenden – alles andere hält nicht. Demzufolge ist es notwendig, dass die Farben sehr gut haften.
Ich habe die einzelnen Felder mit Tesafilm abgedeckt, gut angerieben und wieder abgezogen. Hier sieht’s für Magic-Color und Artist-Color schlecht aus. Da blieb einiges am Tesafilm statt auf dem Dach kleben. Auch bei IlluColor Weiß lösten sich Partikel, IlluColor Superweiß und AeroColor haften hingegen bombig. Diese beiden sind als einzige auch abriebfest (Abb. 2).
Zum nächsten Punkt: alle Hersteller bezeichnen ihre Produkte als wasserfest. Also ich weiß nicht, was sie darunter verstehen – ich jedenfalls meine, bei einer wasserfesten Farben muss ich mit einem nassen Pinsel hin und her malen können, ohne dass sich die Farbe löst. Doch welche Überraschung: außer AeroColor lösen sich alle Farben auf (Abb. 3). Soviel zur angeblichen Wasserfestigkeit.
Als weiteren Gesichtspunkt möchte ich noch das Pastellton-Anmischen ansprechen. Bekannterweise werden diese Töne aus Weiß und einem oder mehreren Farbtönen gemischt, und in der Regel ist Weiß der Hauptbestandteil. Deshalb haben Pastelltöne dieselben Eigenschaften und bereiten dieselben Probleme wie das reine Weiß.
Die flüssigen Acrylfarben haben allerdings noch eine weitere Eigenschaft. Die mit ihnen angemischten Pastelltöne bleiben nicht lange pastellig. Nach spätestens 10 Minuten hat sich das Weiß abgesetzt und obendrauf schwimmt der reine Buntton. Dies geschieht auch im Farbnapf der Pistole, was bedeutet, dass man permanent die Farbe mit dem Pinsel aufrühren muss – ein bisschen lästig.
Als Ausweg bieten sich gute Künstleracrylfarben an. Das Titanweiß verschiedener Sorten wie Lukascryl, Primacryl, Aquatex, Liquitex, Lascaux, Rowney usw. ist mit allen Airbrushfarben mischbar und die Pastelltöne bleiben ca. 2-3 Stunden im angemischten Zustand. Erst dann haben sich die Weißpigmente abgelagert. Aber zu den Tuben-acrylfarben später noch mehr.
Zunächst noch ein paar Worte zu den Bunttönen der bereits vorgestellten flüssigen Airbrushfarben. Alle Bunttöne bereiten überhaupt keine Probleme. Wenn das Modell sorgfältig gereinigt und entfettet ist, haften alle reinen Bunttöne (ohne Weißanteil) in jeder Verdünnung blendend, lassen sich hervorragend und schnell verarbeiten und in jeder Kombination untereinander mischen. Nur leider sind sie nicht wasserunlöslich.
Besonders bei einem dünnen lasierenden Spritzauftrag sind die Farben feuchtigkeitsempfindlich. Eine Möglichkeit ist, das Modell mit Klarlack als Schutz einzusprühen, eine andere, den Farben Artist-Color Universal Medium im Verhältnis 1:1 beizumischen. Dann sind die Farben sogar witterungsbeständig. Allerdings muss in diesem Fall die Pistole sofort äußerst gründlich mit Aceton oder Nitroverdünnung gereinigt werden. Und während des Airbrushens ist es sehr empfehlenswert, eine Maske zu tragen.
Noch ein letzter Hinweis zu den flüssigen Airbrushfarben:
Die Firma Lukas hat in der IlluColor-Reihe ihr Sortiment um sechs Perl-Metallic-Farbtöne plus Gold und Silber erweitert. Mit diesen Farben lassen sich schöne irisierende Effekte erzielen (Abb. 4). Wasserfest sind diese Farben aber nur auf geprimten Untergrund (Abb. 5 + 6).
Nun zu den Künstleracrylfarben aus Tube oder Dose. Diese auf Polymer- bzw. Dispersionsbasis hergestellten Farben aller Hersteller sind feinst pigmentiert, höchst lichtecht, wirklich wasserunlöslich, sehr haltbar, geschmeidig, ungiftig (soweit nicht anders gekennzeichnet) und gut mit Wasser aufgerührt in allen Spritzpistolen ab 0,15 mm
Düsendurchmesser problemlos verarbeitbar.
Man sollte nur darauf achten, dass die Spritzpistole und sonstige Arbeitsgeräte sorgfältig gereinigt werden. Die Farbpalette ist zum Teil sehr umfangreich und lässt keine Wünsche offen. Des Weiteren bieten die Hersteller noch diverse Malmittel, Firnisse und Grundierungen an, um z. B. die Trocknungszeit zu verlängern, den Glanzgrad von matt zu glänzend zu verändern und die Haftfähigkeit zu erhöhen.
Für Weatheringarbeiten das wohl empfehlenswerteste Farbmaterial. Mit folgenden Produkten habe ich bisher ohne Schwierigkeiten gearbeitet: Lukascryl, Primacryl, Liquitex, Aquatex, Rowney Cryla sowie Lascaux.
Last not least:
Dyes, Gouachen, Plakattempera und Aquarellfarben. Diese wasserlöslichen Medien sind sicherlich die am besten zu airbrushenden Farben, doch leider für Kunststoffmodelle ziemlich ungeeignet. Ihre Haftfähigkeit ist sehr gering, sie sind zudem überhaupt nicht grifffest und äußerst feuchtigkeitsempfindlich. Bei Dyes und Aquarellfarben lassen sich diese Probleme mit Schutzlack, der sich durch die dünne Farbschicht hindurch mit dem Untergrund verbindet, lösen. Bei den stärker pigmentierten Gouachen nützt dies leider nichts – sie blättern einfach ab.
Hiermit haben Sie einen kleinen Überblick über die zum Airbrushen geeigneten wasserverdünnbaren Farben und ihre Wirkungsweise auf Kunststoffmodellen. Eine tabellarische Liste über Farbsortimente und deren Eigenschaften kann von jedem Interessenten bei mir angefordert werden (bitte Rückporto beilegen).