Auf dem Weg zum „Gütesiegel“

Ausgabe 2/86Der folgende Beitrag aus der Ausgabe 2/86 der gedruckten Airbrush-Zeitung (Klicken Sie auf die kleine Abbildung rechts, um sich den Original-Titel anzusehen.) beschäftigte sich mit einem ersten Ansatz, ein „Gütesiegel Airbrush-Zeitung“ zu etablieren. Einige der im Test besprochenen Geräte gibt es heute schon nicht mehr. Und natürlich stimmen auch die Preise (es war ja noch D-Mark-Zeit) nicht mehr. Dennoch scheinen mir die enthaltenen Informationen eine erneute Veröffentlichung wert. (CMM)

Da haben wir uns ja auf was eingelassen! Die Idee eines „Gütesiegels AIRBRUSH-ZEITUNG“ hat dabei Pate gestanden. Nicht, dass wir so ein hochgestecktes Ziel nun auf-Anhieb erreichen wollten – beileibe nicht. Aber auf den Weg dahin wollten wir uns machen.

Damit wir uns nicht von Anfang an missverstehen: auf diesem Weg befinden wir uns noch und wollen auch darauf weiterkommen. Aber vor den Preis haben die Götter den Fleiß gesetzt – und eine erhebliche Menge Schweiß ist auch geflossen. Manches Mal kamen wir uns wie Sisyphus vor, wenn wieder eine der so mühsam gewonnenen Erkenntnisse wie eine Seifenblase zerplatzte, und wir von neuem auf die Suche nach vergleichbaren Kriterien gehen mussten.

Ehrlich – so schwierig hatten wir uns das Thema „Spritzpistolen im Test“ nicht vorgestellt.

Ehe wir Ihnen die Ergebnisse unserer Untersuchungen erläutern, noch ein paar Worte zum Inhalt derselben. Da wir uns mit dem Vergleichstest auf Neuland begeben haben, kann es durchaus sein, daß wir den einen oder anderen wichtigen Punkt schlicht vergessen haben. Reißen Sie uns dafür bitte nicht den Kopf ab, sondern machen Sie uns darauf aufmerksam – es soll dann nicht wieder vorkommen.
Ebenso könnte es natürlich sein, dass einige unserer Schlussfolgerungen leicht subjektiv verbrämt sind. Das wäre dann zwar nicht beabsichtigt gewesen, aber immerhin passiert. Trotzdem soll das nun nicht zu Gegendarstellungen und wütenden Leserbriefen führen. Deshalb bieten wir allen, die sich auf irgendeine Weise auf den Schlips getreten fühlen, im nächsten Heft der AIRBRUSH-ZEITUNG eine Rubrik „Test-Nachlese“. Dort ergänzen und korrigieren wir – soweit objektiv nötig und möglich – ganz nach Ihren Wünschen.

Ende der Vorrede und hinein ins spritzige Vergnügen! Grundlage bei der Auswahl der getesteten Modelle war die so viel zitierte Düsenstärke. Sie sollte sich im Bereich 0,1 mm bis 0,2 mm bewegen. Außerdem sollten die Pistolen im gesamten Bundesgebiet problemlos zu kaufen sein. Letzteres ist der Grund, dass wir andere Modelle wie IZUMIYA, OLYMPOS oder BADGER diesmal noch nicht mit einbezogen haben.

Dass diese Typen nicht dabei sind, hängt aber in keinem Fall etwa mit deren Qualität zusammen. Fünf der in Deutschland gängigsten Spritzpistolen-Modelle haben wir ausgesucht:

  1. Von EFBE (Deutschland) das Modell A und
  2. von Fischer (Frankreich) by LETRASET das Modell A 01
  3. und das Modell B 02,
  4. von IWATA (Japan) das Modell HP-B,
  5. von DeVilbiss (England) das Modell Aerograph super 63 A.

Gestatten Sie uns an dieser Stelle zuallererst ein „Dankeschön“ an die beteiligten Hersteller und Großhändler, die ohne Zögern die genannten Modelle zum Testen zur Verfügung gestellt haben.

Spritzpistolen im Test
Vergleichstabelle Spritzpistolen im Test

In der Tabelle rechts haben wir die vergleichbaren Daten der einzelnen Spritzpistolen nebeneinander gestellt. Dabei muss gesagt werden, dass einige Informationen weggelassen wurden, weil wir diese nicht für alle Pistolen einwandfrei klären konnten. Dazu gehören zum Beispiel Angaben der Hersteller über das verwendete Material oder die Gewindeklassifikation. Gerade auf die Anschlussgewinde werden wir später noch einmal zu sprechen kommen.

Die meisten Angaben in der Tabelle (hier als PDF-Download) erklären sich von allein. Einige Daten bedürfen der Kommentierung.

Düsendurchmesser: Gemeint ist der Durchmesser der Düsenbohrung. Er reicht von 0,1 mm bei der Fischer A 01 bis zu 0,2 mm bei der Fischer B 02 und der IWATA HP-B. Unserer Erfahrung nach – und die ist in diesem Fall ganz bestimmt subjektiv! – wird auf dieses Kriterium viel zu viel Wert gelegt. Die Vorstellung „Ich kauf mir jetzt eine feinere Pistole, dann kann ich auch besser spritzen“, sollte nicht ausschlaggebend für die Anschaffung eines bestimmten Modells sein. Dann könnte man ja auch sagen: wenn ich besseres Papier nehme, kann ich auch besser zeichnen.

Unter der Voraussetzung, dass die technischen Fertigkeiten der Bediener gleich gut sind, sind natürlich Unterschiede im Farbauftrag, besonders im kleinen und feinsten Bereich, festzustellen. Arbeiten, zu denen bei größerer Düsenbohrung Masken verwendet werden müssten, lassen sich auch ohne diese ausführen. So vermeidet die Fischer A 01 zum Beispiel fast ohne Zutun des Illustrators einen zu satten Farbauftrag, weil die extrem dünne Düsenbohrung dies nicht einmal bei komplett geöffneter Düse zulässt. Nachteilig wiederum ist bei der gleichen Pistole andererseits die Beschränkung der Farbsorten auf pigmentfreie Lasurfarben wegen der feinen Düse.

Bei den anderen getesteten Modellen konnten wir „frei Hand“ kaum noch Unterschiede in der Feinheit der gespritzten Flächen, Linien oder Punkte feststellen. Wir verzichten in dieser Zeitung übrigens aus technischen Gründen (selbst ein 60er-Raster kann eine Original-Spritzprobe nicht ausreichend wiedergeben) auf die Abbildung unserer Spritzergebnisse. Sollten Sie sich zum Kauf einer der getesteten Pistolen entschließen, können Sie die Spritzqualität viel besser anhand der Originalproben, die jeder Pistole beiliegen, beurteilen.

Die Qualität des Farbauftrages wird nicht nur durch den Düsendurchmesser beeinflusst, sondern durch eine Menge anderer Dinge. Im Zusammenhang mit dem Düsendurchmesser hat die Düsenbefestigung und die Schutzkappenform Bedeutung.

Bei den 5 Pistolen im Test kamen zwei verschieden Arten der Düsenbefestigung vor: Bei den beiden Fischer-Pistolen und der DeVilbiss werden die Düsen nur durch die vorgeschraubten Schutzkappen gehalten. Dadurch zentrieren sich die Düsen beim Einschrauben der Schutzkappe von selbst, so dass die Nadel optimal in der Mitte der Düsenöffnung sitzt. Außerdem ist die Reinigung bei diesen Düsen etwas einfacher. Bei der EFBE und der IWATA sind die Düsen eingeschraubt. Das hat den Vorteil, dass man zum Sprenkeln (grobkörniger Farbauftrag mit viel Farbe und wenig Luft) keine zusätzliche Schutzkappe braucht wie bei den anderen Modellen. Jeder Pistole liegt ein kleiner Schraubenschlüssel bei, der ein problemloses Auswechseln der Düsen gestattet. Ein Hinweis dazu: die Gewinde sind ziemlich empfindlich. Bitte drehen Sie die Düsen nie mit Gewalt ein!

Die Form der Schutzkappen ist bei den einzelnen Modellen nur geringfügig unterschiedlich. Die wichtigste Funktion erklärt ja bereits der Name. Zusätzlich lenken die Schutzkappen den Luftstrom so, dass er genau an der Düsenöffnung die stärkste Saugkraft bekommt. Bei der Aerograph Super 63 A sind kleine seitliche Luftaustrittsschlitze eingesägt, die ein dichteres Herangehen an den Spritzgrund gestatten. Der Unterschied im Spritzergebnis ist allerdings nur minimal. Für die IWATA gibt es als Zubehörteil eine sogenannte „Crown-Cap“, die vergleichbare Luftaustrittsschlitze hat.

Die Bedienungshebel aller getesteten Spritzpistolen waren „Double-Action-Hebel“, die eine gleichzeitige, unabhängige Regulierung von Farbe und Luft ermöglichen. Das Modell A von EFBE wird auch mit einem „Singel-Action-Bedienungshebel“ geliefert und ist in dieser Form etwas preiswerter. Alle Bedienungshebel waren auf der Oberfläche sehr bedienungsfreundlich aufgeraut. Die „Gängigkeit“ ließ bei keinem der getesteten Modelle irgendwelche Mängel erkennen. Angenehm aufgefallen ist uns bei der EFBE die zusätzliche seitliche Führung des Hebels durch einen Zapfen, der am Rückführungsmechanismus sitzt. Die Befestigung der Bedienungshebel hat lediglich bei der Wartung und Reinigung Bedeutung. Die nicht extra eingeschraubten Hebel kann man leichter herausnehmen. Andererseits verrutschen die durch die Nadel gehaltenen Hebel bei herausgenommener Nadel gelegentlich, so dass es bei der Wiedereinführung der Nadel zu Problemen kommen kann.

Der Durchmesser der Nadeln wurde nur der Vollständigkeit halber festgestellt. Der Konus der Nadelspitze scheint uns dagegen wichtig für die bessere Regulierung der Düsenöffnung. Es ist leicht einsehbar, dass ein längerer Konus auch einen längeren Hebelweg bedingt, um eine gleich große Öffnung der Düse zu erreichen. Die Aerograph Super 63 A ist aber bei etwas Übung dank der relativ hohen Federspannung der Rückführungsfeder genauso gut zu handhaben, wie die anderen Pistolen.

Wir haben im Rahmen unserer Untersuchungen die Federspannung der Rückführungsfedern gemessen. In Ermangelung von besseren Messinstrumenten haben wir dazu eine elektronische Waage verwendet. Die Ergebnisse sind abgerundet. Wichtig erscheint uns, dass eine hohe Spannung nicht unbedingt das Handling der Pistolen erschwert. Der erzeugte Gegendruck ist nur dann unangenehm, wenn er zu plötzlich überwunden wird und dadurch keine genaue Dosierung gestattet. Dies war aber bei keinem der getesteten Modell der Fall. Inwieweit eine hohe Spannung zur Ermüdung der Hand führen kann, haben wir nicht feststellen können. Rein subjektiv fiel uns aber die angenehme Leichtgängigkeit bei der kleinen Fischer-Pistole auf. Vielleicht könnten die anderen Hersteller in dieser Hinsicht etwas für die strapazierten Finger der Illustratoren tun?

Wichtig für eine Kaufentscheidung schien uns auch das Volumen der Farbnäpfchen zu sein. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Herstellerangaben lediglich für die waagerechte Haltung der Spritzpistolen zutreffen. Andererseits arbeiten viele auf einer horizontalen Arbeitsfläche und müssen darum die Pistole fast senkrecht halten. Je nach zu spritzender Fläche muss dann bei den Fischer-Pistolen und bei der DeVilbiss häufiger Farbe nachgefüllt werden. Auch dies ist ein Punkt, der unserer Meinung nach von den Konstrukteuren durchaus berücksichtigt werden könnte. Je größer der Farbraum in jeder Haltung, desto seltener das Nachfüllen!

Die kräftigste Kritik von Seiten des Anwenders – und damit auch von uns – betrifft aber die Anschlussgewinde. Was da an Unterschiedlichkeit auf dem Markt zu finden ist, spottet jeder Beschreibung! Nur bei zwei Pistolen konnten wir eine – wiederum eingeschränkte – Kompatibilität der Anschlussstücke feststellen: das Gewinde des DeVilbiss-Anschlussstückes passt luftdicht auf die IWATA-Pistole. Umgekehrt braucht man zusätzliche Dichtungen, um ein Entweichen der Luft zu verhindern. Es wäre doch eine gute Idee, wenn sich alle Hersteller auf ein einheitliches Gewinde einigen könnten.

Lobenswert in diesem Zusammenhang sind die Bestrebungen von EFBE und dem Großhändler der DeVilbiss-Modelle, der Firma Honsell in Stuttgart, Adapter zu entwickeln und anzubieten, die das Anschließen aller Pistolen an nur einen Schlauch ermöglichen. Um „Gordische Knoten“ in den vielen Schläuchen zu vermeiden, die bisher für mehrere Pistolen einfach nötig waren, sind diese Adapter ein ausgezeichnetes Mittel. Es gibt übrigens auch Schnellkupplungen für das Pistolenende des Luftschlauches, die die Arbeit zusätzlich erleichtern. Dieses Zubehör werden wir in einer der nächsten Ausgaben der AIRBRUSH-ZEITUNG ausführlich besprechen.

Was die Farben betrifft, die Sie in den getesteten Spritzpistolen verarbeiten können, möchten wir nur bei der feinsten Fischer-Pistole, dem Modell A 01 eine Einschränkung empfehlen. Mit einer 0,15 mm Düse ist das Spritzen von pigmentierten Farben relativ gefährlich, da sie schneller verstopft. Bei allen anderen Modellen können Sie jede Farbe verarbeiten, die sich bis zu einer Konsistenz von etwa Trinkmilch verdünnen lassen. Sie sollten jedoch unbedingt bei relativ schnell trocknenden Farben wie Acryl in kurzen Abständen (Vorschlag: alle 5 Minuten) die Pistolen gründlich reinigen.

Lassen Sie uns zum Schluss auf einen ganz wichtigen Punkt zu sprechen kommen, den Preis. In der Tabelle haben wir die Hersteller- bzw. Großhändlerangaben aufgelistet. Alle Preise verstehen sich ohne die Mehrwertsteuer. Durch telefonische Nachfragen beim Einzelhandel haben wir außerdem geringe örtliche Unterschiede festgestellt. Beachten Sie aber bitte im eigenen Interesse immer, welchen Service in puncto Ersatzteile und Reparatur Sie bei Ihrem Händler bekommen. Nicht immer ist es billiger, beim Billigsten zu bestellen.

In jedem Falle können wir festhalten, dass die getesteten Pistolen, so unterschiedlich die Preise auch sind, ihren Preis wert sind. Höhere Preise sind, ähnlich wie beim Auto, auf bessere Verarbeitung und Qualitätsvorteile auf bestimmten Einsatzgebieten zurückzuführen und nicht etwa auf ein unangemessenes Gewinnstreben der Hersteller und Händler.

Zusammenfassung: Es war ein hartes Stück Arbeit bis hierher. Trotzdem hat es uns viel Spaß gemacht und wir hoffen, dass Sie als die „Endverbraucher“ Ihren Nutzen aus unserem Testergebnis ziehen können. In Zukunft werden wir weitere Tests durchführen. Aber wir wollen auch noch besser werden. Wir haben uns daher entschlossen, uns die Mithilfe so vieler „Mit-Tester“ zu sichern, wie möglich. Klar, Sie haben’s gemerkt, wir meinen Sie, liebe Leser. Die Resonanz auf unser gemeinsames Thema „Airbrush“ ermutigt uns, Sie zu bitten, Ihre Erfahrungen, gute wie schlechte, mit uns zu teilen. Schreiben Sie uns oder rufen Sie an, wenn Sie zum nächsten oder auch zu diesem Thema Anregungen haben, die unsere Praxis-Tests noch praxisnäher und anwenderfreundlicher machen könnten. Der nächste Test soll die sogenannten „Mittelformat-Pistolen“ zum Inhalt haben. Das sind Spritzpistolen mit einer Düsenbohrung von 0,2 mm bis 0,4 mm. (CMM)