Metallic-Buchstabe

Bereits in der allerersten Ausgabe der Airbrush-Zeitung im Januar 1986 waren „Seiten zum Nachmachen“. Damals waren Metallic-Schriften sehr gefragt und wir haben natürlich versucht, diese Nachfrage auch zu befriedigen:

Die Illustration eines Metallic-Buchstaben wird in ihre einzelnen Phasen zerlegt.

Viele Illustratoren haben so ihre Probleme mit der rationellsten Arbeitstechnik. Wenn man sich mit ihnen über den schrittweisen Aufbau ihrer Arbeit unterhält, stellt man häufig fest, daß es schneller und einfacher hätte gehen können. Und wenn man sich erst einmal eine umständliche Arbeitsweise angewöhnt hat, ist es meist schwer, sich wieder umzugewöhnen.

VorzeichnungDie Seiten zum Nachmachen sollen helfen, sich eine möglichst rationelle Arbeitsweise anzueignen. Allerdings gibt es auch dabei keine Garantie gegen Fehler. Jeder engagierte Airbrusher sollte dagegen immer wieder an sich arbeiten. Je mehr Training einer hat, desto geringer wird seine persönliche Fehlerquote werden. Die folgende Übung ist ein gutes Beispiel dafür, daß gründliches Nachdenken vor Beginn der eigentlichen Spritzarbeit erheblich Zeit sparen hilft. Als Motiv ausgewählt habe ich einen einfachen Buchstaben (Abb. rechts) ohne komplizierte Rundungen, um Ihnen die Schneidearbeit zu erleichtem. Die Vorzeichnung habe ich Ihnen als PDF-Datei zum Download gleich mit ins Netz gestellt.

AufteilungDamit wir die gleiche Sprache sprechen, wurden die einzelnen Elemente der Illustration in der Zeichnung links eindeutig benannt Die folgende Arbeitsbeschreibung wird diese Namen verwenden.

Die erste Entscheidung ist die Wahl der richtigen Farbe. Dabei kann man ganz grob unterscheiden zwischen lasierenden und halb deckenden Farben. Die Vorteile von lasierenden Farben liegen hauptsächlich in der einfacheren Verarbeitung in der Pistole und in der Möglichkeit, Maskierarbeiten einzusparen. Nachteil: Wenn Ihnen mal ein Fehler unterläuft, müssen Sie meistens von vorne anfangen, da Lasurfarben absolut keine Deckfähigkeit haben. Selbst nach zehn- oder zwanzigmaligem Überspritzen wird der Fehler immer noch zu erkennen sein. Ein weiterer Nachteil, der beim Üben allerdings nicht so schwer ins Gewicht fällt, ist die meist deutlich geringere Lichtechtheit im Vergleich zu pigmentierten Farben. Wer also Kunst für Jahrhunderte machen möchte, sollte keine Lasurfarben verwenden.

Natürlich kann man auch Pigmentfarben soweit verdünnen, daß sie praktisch wie Lasurfarben zu verarbeiten sind. Für die kommende Übung empfehle ich Ihnen aber erstmal eine Lasurfarbe (Eiweißlasurfarbe).

Als Karton suchen Sie sich bitte eine der gängigen Reinzeichensorten aus. Die einzige Bedingung: der Karton muß klebefilmfest sein. Außerdem geht die Arbeit umso leichter, je glatter und geschlossener die Oberfläche ist. Reinigen Sie den Illustrationskarton bitte gründlich von Fett und anderen Verschmutzungen. Ich verwende dazu eine 70-prozentige Alkohollösung. Danach wird der gesamte Bogen mit einem leicht haftenden Maskierfilm überzogen. Übertragen Sie anschließend die Vorzeichnung mit Hilfe eines Umzeichners, eines Epidiaskopes oder einfach frei Hand auf den Maskierfilm. In den folgenden Phasendarstellungen bedeutet der Rosaton, daß diese Partien noch abgeklebt sind.

Natürlich können Sie sich auch Ihren eigenen Buchstaben konstruieren. Der nächste Schritt ist der wichtigste für rationelles Arbeiten. Wir müssen die Anzahl der Masken und die Reihenfolge des Farbauftrages festlegen. Machen Sie sich bitte die Mühe und notieren Sie Ihre Überlegungen. Diese Aufzeichnungen werden später beim Spritzen zu Ihrem wichtigsten Hilfsmittel. Je komplizierter eine Illustration wird, desto mehr Zeit sollten Sie auf diese Vorbereitungen verwenden.

Klicken Sie auf die kleinen Abbildungen, um diese in einem Popup-Fenster größer darzustellen.

Step 1Abb. 1: Fangen Sie mit den dunkelsten Tönen einer Illustration an und hören Sie mit den hellsten auf! Diese Regel sollten Sie bei allen Arbeiten beherzigen, bei denen Sie lasierende oder stark verdünnte Farben verwenden. Auf diese Art und Weise ist es nicht mehr so oft nötig, bereits gespritzte Flächen wieder abzukleben. Bei unserem Buchstaben ist die dunkelste Fläche sicherlich der auf den Untergrund geworfene Schatten. Aufschreiben könnten Sie: „1. Maske, 1. Phase – Schatten in schwarz.“

Step 2Abb. 2: Ohne den schwarzen Schatten wieder abzukleben werden als nächstes die dem Licht abgewandten Facetten gespritzt. Regel: Je weiter solche Flächen dem Lichteinfall gegenüber liegen, desto dunkler werden sie. Im Beispiel sind die nach unten zeigenden Facetten die dunkelsten. Notiz: „1. Maske, 2. Phase – nach unten weisende Facetten in dunkelblau.“

Step 3Abb. 3: Die nach rechts zeigenden Facetten sind im Ton fast gleich. Nur an den Kanten, wo die Facetten der 2. Phase mit denen der 3. Phase zusammenstoßen muß ein Unterschied erkennbar sein. Schreiben Sie auf: „1. Maske, 3. Phase – nach rechts weisende Facetten ebenfalls in dunkelblau. ACHTUNG: an den Kanten zu den bereits gespritzten Facetten müssen sie heller bleiben!“ und spritzen Sie die Facetten, ohne die bereits fertigen, unteren wieder abzukleben.

Step 4Abb. 4: Genau wie bei den dem Licht abgewandten Facetten verfahren Sie anschließend mit den anderen. Auf Ihrem Notizzettel könnte stehen: „1. Maske, 4. Phase – obere Facetten in hellblau.“ und „1. Maske, 5. Phase – linke Facetten in hellblau. ACHTUNG: an der Kante zwischen den oberen und den linken Facetten Tonunterschied stehen lassen!“ Da die bereits fertigen Facetten an den Kanten zu den neu zu spritzenden jeweils dunkler sind, müssen sie vorläufig nicht wieder abgeklebt werden.

Nachdem nun der Schatten und die Facetten in der 1. Maske bearbeitet wurden, entfernen Sie alle jetzt noch klebenden Abdeckfilmteile. Die 1. Maske hat ihre Schuldigkeit getan. Vor dem Weitermachen müssen Sie den gesamten Illustrationskarton wieder abkleben. Weitere Arbeiten werden ab jetzt in der 2. Maske vorgenommen.

Step 5Abb. 5: Die letzte noch zu bearbeitende Fläche in unserem Beispiel ist die Oberfläche des Buchstabens. In ihr soll sich einfach nur ein blauer Himmel spiegeln. Schneiden Sie diese Fläche sorgfältig aus. Sie müssen dabei lediglich wieder die konvexen Kanten zu den Facetten beachten und dort einen dünnen Streifen abgeklebt lassen. Die so entstehenden Lichtkanten, die auf der dem Licht zugewandten Seite liegen, werden etwa doppelt so breit wie die anderen. Aufschreiben können Sie für diesen Arbeitsschritt: „2. Maske, 1. Phase – Oberfläche als Verlauf von dunkelblau bis weiß. ACHTUNG: Lichtkanten stehen lassen!“

Step 6Abb. 6: Die fertige Illustration

Die Gesamtwirkung läßt sich noch weiter steigern, wenn man mit einem deckenden Weiß Überstrahlungen einarbeitet. Natürlich gibt es auch dafür Regeln. Im Beitrag „Spiegelnde Oberflächen“ in er Ausgabe 1/86 der Airbrush-Zeitung (wird vielleicht später fürs Web aufbereitet) sind sie ganz kurz angeschnitten. Wer noch tiefer in die Materie einsteigen möchte, kann dies mit Hilfe eines meiner Bücher mit dem Titel „Airbrush, Spiegelung in Theorie und Praxis“ versuchen. Als Bezugsquelle bietet sich http://www.amazon.de an.

Und nun viel Erfolg. Denken Sie immer daran: Übung erst macht den Meister – und ohne dieselbe ist wirklich noch kein Meister vom Himmel gefallen.